Waldkirchens Wüste Weihnacht Nr. 2
Auch der Kunstraum hat, nach einer Woche Weihnachtsmarkt in Waldkirchen und den überall stattfindenden Nikolausfeiern, damit begonnen, die staade Zeit zu begehen. Wieder wurde, wie voriges Jahr, unter dem Motto „Waldkirchens Wüste Weihnacht“ ein buntes Programm aus schwarzem Humor und ironischer Weihnachtsdeko präsentiert.
„Der Retter naht“, heißt es – im Kunstraum war Rettung überall präsent, und zwar in Form von goldenen Rettungsdecken, mit denen der ganze Raum ausgekleidet ist. Zwei Christbäume aus Schuhschachteln bilden die Bühnenkulisse, zusammen mit einer Krippeninstallation aus Bierflaschen sowie Schnapsflaschen und -pralinen in einer Holzschwinge. Im vorderen Teil des Raums konnte die etwas andere „Krippenausstellung“ des Kunstraums begutachtet werden: Krippen gebastelt komplett aus Nudeln, aus Schokoriegel, Spielkarten oder Büroartikeln.
In einem solchen Ambiente lässt sich nicht leicht etwas ernst nehmen. Und so gestaltete sich auch das Programm des Abends. Im Stakkato wurde zur Eröffnung „Leise rieselt der Schnee“ laut und eindringlich hinter einem Vorhang heruntergesungen, mit Franz Hintermann als völlig unmusikalischem Dirigenten vor dem Vorhang. Claus Kappl gab eine frei nach Ludwig Thoma verfasste Version von „Ein Bayer im Himmel“ zum Besten, in der er den „Dienstherren Josef H.“ auf die Schippe nahm.
Andreas Pietzsch unternahm einen Hörtest mit dem Publikum, für den ihm ein Adventsprospekt des größten Waldkirchner Modehauses als Ausgangsmaterial diente. Können die Wörter, die in diesem Werbematerial einen Christbaum bilden, das Publikum in weihnachtliche Stimmung versetzen? Der nicht-repräsentative Test ergab ein negatives Resultat.
Auch Franz Hintermann warf – da sein Tablet-PC jüngst kaputtgegangen ist, diesmal mit einer selbstgezimmerten analogen, an der Decke aufgehängten Bilddarstellungsmaschine – hintergründige Fragen zur tatsächlichen Wirkung von Weihnachtsfest, Weihnachtsgeschäft und Weihnachtsveranstaltungen auf.
Das Gegengewicht zu all dieser wüsten, alles andere als staaden Auseinandersetzung mit Weihnachten stellten Irene Weidinger und Flo Hannig dar, die als Gesangs- und Gitarrenduo dem Publikum mit Weihnachts- und Popsongs die Möglichkeit gaben, zwischen den scharfen und ironischen Texten wieder zu sich zu kommen.
Nach der Pause machte sich Claus Kappl an einen längeren satirischen Jahresrückblick, in dem kein Thema unangesprochen und verschont blieb. Und nachdem Andreas Pietzsch das Publikum in verhaltensbiologischer Terminologie über das Weihnachtsfest der Biber aufgeklärt hatte, die angeblich einen kanadischen Riesenbiber als Erlöser verehren, ging es an den Höhepunkt des Abends: Das polit-satirische Krippenspiel von Tobias Paster, in welchem die Geburt Christi ganz weltlich als zähes Ringen von Angela Merkel und Sigmar Gabriel um die große Koalition interpretiert wird. Mit Figuren wie Horst Seehofer, Barack Obama oder Bürgermeisterkandidat Heinz Pollak als Personal.
Zugespitzte Konsum- und Politkritik, und nicht verspielte Überkitschung des Themas wie im letzten Jahr, sind dieses Mal Programm bei den Weihnachtsfeierlichkeiten des Kunstraums. Das Programm der „Wüsten Waldkirchner Weihnacht“ wird am Freitag, den 13. Dezember ein zweites Mal ab 19.30 Uhr dargeboten.