Literarisch durch die Saußbachklamm

Wander-Veranstaltung des Kunstraum-Teams sorgt für Frühlingserwachen


Erstmals dieses Jahr lud das Kunstraum-Team zu einer „Literarischen Osterwanderung“, seiner zweiten Außenveranstaltung nach der letztjährigen Hydrantenwanderung, ein. Nach etlichen Tagen unbeständigen, dafür klassischen Aprilwetters, war der Wettergott am Ostermontag gnädig und bescherte warme Temperaturen und ausreichend Sonnenschein für den abwechslungsreichen Weg durch die idyllische, frühlingserwachte Saußbachklamm.

An sechs Stationen entlang der Wanderroute, die nach der Wehrüberquerung zunächst am Kanal entlang, dann weiter unten zurück in Richtung Klamm und an der Haller-Alm vorbei wieder hoch Richtung Fischerhäusl führte, gab es literarische Kostproben zum Themenkreis „Ostern“. Von bild- und sprachgewaltiger Prosa zum Thema Passion und Kreuzweg, über Klassisches wie Goethes „Osterspaziergang“ aus „Faust I“, bis hin zu Heiterem in Form von modernerer Lyrik und einem phantastischen Ostermärchen.

Claus Kappl, der Vorleser bzw. Vortragende, zog die Register seiner literaturwissenschaftlichen Kenntnisse und führte die Gruppe gekonnt durch die Epochen und das Gelände, welches mal feucht-kühle, mal sehr sonnige Abschnitte, Vogelgezwitscher und das Rauschen des Saußbaches bot. Ergänzend wurde Wissenswertes zu Osterbräuchen und Ostereiern vorgetragen, und, bevor es bergauf ging, ein anregender Schluck Osterwein verköstigt.

Die Osterzeit mit ihrem zweiseitigen Charakter als Höhepunkt der Passionswoche und der Fastenzeit, und zugleich als Fest der Auferstehung und des Neuanfangs, mithin der Fruchtbarkeit der Natur, spiegelt sich in den literarischen Schöpfungen zum einen in einem Gestus, der Kraft und Bedeutung des christlichen Ur-Mythos nachvollzieht oder gar überhöht, zum anderen in Texten, welche, davon inspiriert, Aufbruchsstimmung und neue Hoffnung verkörpern oder, in ironischer Brechung, neue und innovative Formen darstellen.

Paul Claudel, Theodor Storm, Christian Morgenstern, Eduard Mörike, Joseph von Eichendorff oder Joachim Ringelnatz, um nur einige zu nennen, zeugen davon. Außerdem Andreas Pietzsch mit zwei eigenen, unvergleichlich gewitzten lyrischen Osterschöpfungen, welche er zu diesem Anlass auf Bitten vortrug.

Eine kritische Klammer um die Veranstaltung bildete zum einen die Feststellung, dass – im Unterschied zu heute - bis vor wenigen Jahrzehnten die Kar- und Osterfeiertage ein Zeit der äußeren und inneren Ruhe waren, zum anderen ein „Streiflicht“ aus der Süddeutschen Zeitung von 1985, welche bereits damals die fortschreitende kommerzielle Vereinnahmung des Weihnachts- und des Osterfestes zum Thema gemacht hatte.

Einen Abschluss fand der Osterausflug mit der Einkehr in die Gaststätte Fischerhäusl, wo man bei kühlen Getränken und Brotzeit auf der Terrasse die spätnachmittaglichen Sonnenstrahlen genoss und sich ungezwungen austauschte. − tp